20.02.2022
Carola Grimminger, Senior Manager Marketing Communications bei ResMed und Vorstand beim German Mittelstand, sieht die Vertiefung von Vertrauen im Vordergrund der Kommunikation.
Drehen sich die Marketingtrends 2022 nach Einschätzung vieler Experten in diesem Jahr primär um die verbesserte Nutzung von Daten, um Personalisierung der Kundenansprache und die Themen KI und Nachhaltigkeit, sehe ich für den Bereich Medizintechnik einen übergeordneten Schwerpunkt: Vertrauen.
Im nun dritten Jahr der globalen Pandemie liegen bei vielen Menschen die Nerven blank. Unsere Welt scheint im Moment so fragil wie noch nie: Bedroht von Viren bröckelt das Vertrauen in bestehende Systeme und Gesellschaftsformen und auch die gewohnten wirtschaftlichen Abläufe, die bislang stets die Verfügbarkeit von Waren gewährleisteten, funktionieren oft nicht mehr. In Zeiten, in denen Fake News und Verschwörungstheorien Hochkonjunktur haben, sinkt gleichzeitig das Vertrauen in Suchmaschinen und Social Media aber auch in klassische Medien*. Nichts scheint mehr sicher, alles ist in Bewegung. Diese Grundstimmung sollte man sich als Marketing-Experte vor Augen halten, wenn man an die Umsetzung seiner Aktivitäten im Jahr 2022 denkt.
Für ResMed als global agierender Hersteller von innovativen Lösungen für die Schlaf- und Beatmungstherapie bedeutet dies, nie zu unterschätzen, welchen teils lebenswichtigen Beitrag man für seine Kunden leistet. Dafür braucht es Empathie – schließlich muss man genau nachvollziehen können, in welcher Situation sich unsere Patienten befinden, um Ihnen auch wirklich helfen zu können. Und sie müssen sich darauf verlassen können, dass wir alles Menschenmögliche tun, um sie, die häufig auch zur Hochrisikogruppe bei einer Covid-19-Infektion zählen, sicher durch diese sehr schwierige Zeit zu begleiten.
Wie wichtig es ist, Einblick in die Herausforderungen zu geben, denen man sich als Medizintechnikunternehmen gegenübersieht, lässt sich an der aktuellen Supply-Chain-Krise aufzeigen. Ist es doch im Moment die größte Herausforderung für sehr viele Unternehmen, zu liefern. Die weltweiten Lieferketten sind durch lokale und regionale Lockdowns wie wir sie beispielsweise in China immer wieder sehen und durch die aus dem Tritt geratene Logistik massiv ins Stocken geraten.
Besonders im Bereich der für viele Industrien so wichtigen Halbleiterproduktion ist der Markt wie leergefegt. Hier konkurrieren Medizintechnikunternehmen unter anderem mit globalen Smartphone- und Automobilherstellern, die aktuell Exklusivverträge aushandeln und sich ganze Produktionschargen sichern. Entsprechend knapp ist die Versorgungslage und entsprechend hoch sind die Preise für die raren Komponenten. Und genau in einer derartigen Situation ist es essentiell, nicht zu tun, als wäre alles in bester Ordnung. Es gilt seine Mitarbeiter, Partner und Kunden über diese Vorgänge und Herausforderungen regelmäßig auf dem Laufenden zu halten. Nur so können sie zum Beispiel Lieferverzug oder Preiserhöhungen nachvollziehen und letztendlich auch mittragen, ohne dass man als Marke eine negative Konnotation erfährt.
Für diese transparente Art der Kommunikation ist zudem wichtig, dass sie mit Menschen – idealerweise mit Führungspersönlichkeiten des Unternehmens – verknüpft wird. Sie sollten deutlich machen, dass sie nachvollziehen können, welche Auswirkungen die aktuelle Situation für ihr Gegenüber, ihre Zielgruppe hat. Dadurch zeigen sie nicht nur, dass sie als Firmenleitung Verantwortung übernehmen, sondern auch, dass sie die Lage im Blick und im Griff haben und offen sind für eine Kommunikation mit Partnern, aktuellen und potenziellen Mitarbeitern und Kunden. Dabei gilt es auch, klare Positionen zu aktuellen und dringlichen Diskussionen wie den Klimawandel oder Diversity, Equity und Inclusion (DE&I) zu beziehen und entsprechende Planungen und Aktivitäten für das Unternehmen zu verdeutlichen. Diese Offenheit und das Bekenntnis zu gesellschaftlicher Verantwortung machen sie und das Unternehmen nahbar und empathisch. Dabei ist zu beachten, dass die Kommunikation nicht punktuell aufgesetzt sein sollte. Regelmäßige Updates lassen einen roten Faden entstehen, der argumentativ mit dem Purpose des Unternehmens verknüpft wird. In unserem Fall, die Lebensqualität von Menschen zu verbessern.
Dabei steht und fällt dieser Ansatz natürlich mit der Führungspersönlichkeit, die diese Kommunikationsaufgabe übernimmt. Bestenfalls ist sie bereits als Vertreter des Unternehmens in der Öffentlichkeit etabliert und hat durch wertvolle Beiträge zu aktuellen Themen und Diskussionen, die die jeweilige Branche betreffen, Glaubwürdigkeit und Vertrauen erarbeitet. Grundsätzlich sollte diese Person nicht nur fachlich sattelfest sein, sondern auch sympathisch auftreten und glaubhaft vermitteln können, dass hier ein Mensch zu Menschen spricht.
2022 wird demnach ein Jahr der direkten Ansprache werden. Ein Jahr, in dem sich zeigen wird, welches Unternehmen es schafft, durch authentische Kommunikation Verlässlichkeit zu zeigen. Es ist aus meiner Sicht definitiv nicht das Jahr für Dubai-Influencer oder rauschende Feste, sondern vielmehr das Jahr der Ehrlichkeit und des Vertrauens.